Unter dem Titel “Hindsight is 20/20, 40 years of design” blickte Stefan Sagmeister auf die Arbeit aus den vergangenen 40 Jahren seines Ateliers zurück.

Vor dem Hintergrund seines eigenen Schaffens beschäftigt sich Stefan Sagmeister als Gast seines Open Idea Auftritts mit zentralen Fragen, die auch für die Gestalter:innen der Zukunft von hoher Relevanz sind. Credit:FHV/Nina Bröll

Was macht Gestaltung gestern wie heute aus? Und wie entfaltet Gestaltung ihre Wirkung? Vor dem Hintergrund seines eigenen Schaffens beschäftigt sich Stefan Sagmeister als Gast seines Open Idea Auftritts mit diesen zentralen Fragen, die auch für die Gestalter:innen der Zukunft von hoher Relevanz sind.

Bis auf den letzten Platz gefüllt war das designforum vorarlberg, als Martin Dechant (WiKA) und Margarita Köhl (FHV) den Vortragenden Stefan Sagmeister begrüßen, der mit Sicherheit als einer der erfolgreichsten Designer der Gegenwart bezeichnet werden kann. Gespannt lauschen die 120 InterMedia-Studierenden, Absolvent:innen und weiteren Vertreter:innen aus Vorarlbergs Kreativszene den unterhaltsamen Schilderungen des Stardesigners: Gespickt mit Humor sind auch viele von Sagmeisters Arbeiten, die er in seinem Vortrag Revue passieren lässt. Dabei blickt er auf die drei Phasen seines bisherigen Schaffens zurück, zwischen denen jeweils ein Jahr der Auszeit lag.

Die erste Phase war geprägt von der Gründung seines Designbüros in New York. Rasch zählten die Talking Heads, Lou Reed und die Rolling Stones zu seinen Auftraggebern, was ihm vor allem in der Musikszene zu Ruhm verhalf. 1999 folgte sein erstes einjähriges Sabbatical: Dass derartige Auszeiten eine wahre Inspirationsquelle darstellen, davon ist Sagmeister überzeugt. Denn nahezu alles, was in den sieben Jahren nach dieser ersten Auszeit von ihm entworfen wurde, fußte auf dieser Periode des Nachdenkens und Experimentierens: Hier rückte Sagmeister all jene Dinge ins Zentrum, die ihm wichtig waren: Mittels einer von 8 bis 18 Uhr minutiös geplanten Agenda füllte er seinen Tag mit Aktivitäten wie Musik hören, Nachdenken über die Zukunft, Tagebuchschreiben. Insbesondere aus seinen Tagebucheinträgen entwickelten sich spannende Designprojekte. Diese wurden zwar von privaten Firmen finanziert, vermittelten jedoch keine Werbebotschaften. Was sie kommunizierten, waren Sagmeisters „Things“ aus einer Liste von Tagebucheinträgen. Diese Serie, bestehend aus 19 Projekten, erschien als Buch unter dem Titel „Things I Have Learned In My Life So Far“.

Seine 2. Auszeit führte Sagmeister 2009 nach Bali, wo er sich dem Thema „Glück“ und einem für ihn völlig neuen Medium widmete: dem Film. Emotional und sehr persönlich bezieht sich „The Happy Film“ dokumentarisch auf Sagmeisters eigene Suche nach dem Glücklichsein. Auch die Ausstellung „The Happy Show“, die in den USA und Europa zu sehen war, entstand aus dieser Phase. Mit dem Einstieg seiner Partnerin Jessica Walsh veränderte sich auch die Arbeit in der Agentur. Walsh übernahm vor allem kommerzielle Arbeiten, sodass sich Sagmeister verstärkt auf neue, selbst initiierte Projekte konzentrieren konnte.

Seine dritte Auszeit verbrachte Sagmeister in Mexiko City, Tokio und Schwarzenberg. Dieses Mal erforschte er das Thema Schönheit – auf eine gestalterische Art und Weise. Er sammelte Material, sprach mit Expert:innen, experimentierte selbst etwa mit Form und Farbe. Aus diesem Prozess entstandene Erkenntnisse und Versuchsanordnungen führte er in der Ausstellung „Beauty“ zusammen, die nun bis 16. Oktober auch im vorarlberg museum zu sehen ist. Dass Gestaltung stets neue Wege der Erfahrung ermöglichen kann, zeigt Sagmeister auch anhand eines aktuellen Projekts: Hier stellt er historische Perspektiven anhand von alten Gemälden seiner Familie den Entwicklungen der Gegenwart gegenüber.

Besonders anregend gestaltete sich die anschließende Diskussion, die von Margarita Köhl, Leiterin des Fachbereichs Gestaltung eröffnet wurde. „Wie Stefan Sagmeister bin auch ich überzeugt, dass Gestaltungsaufgaben in Zukunft mehr werden. Gestaltung geht mittlerweile weit über das pure Grafikdesign hinaus, denn auch Systeme und Gemeinschaften müssen gestaltet werden. Soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit spielen hier eine große Rolle. Vor allem um die Digitalisierung menschenzentriert zu gestalten, braucht es Gestalter:innen, die über die Methoden und Ansätze verfügen, die Bedürfnisse der Menschen zu erheben und deren Beziehung zu Technik gelingend zu gestalten“, so Margarita Köhl.

Im Gespräch mit dem Publikum betonte Stefan Sagmeister, dass er sich selbst als Designer, nicht als Künstler sehe, da seine Arbeiten immer auch eine Funktion erfülle würden. Als praktischen Tipp gab er den Studierenden mit, dass er den Fokus beim Entwickeln von Ideen zunächst auf etwas völlig anderes lenke. Auf diese Weise vermeide er, Altes zu reproduzieren. Die Gabe, wahre Innovationen zu entwickeln wäre es auch, was menschliche Gestalter:innen künstlicher Intelligenz auch in Zukunft voraushaben werden.

Der Design Talk OpenIdea ist eine vom Fachbereichs Gestaltung der Fachhochschule Vorarlberg kuratierte Veranstaltungsreihe, bei der Persönlichkeiten aus unterschiedlichsten Tätigkeitsbereichen eingeladen werden, um den Studierenden sowie der interessierten Öffentlichkeit anregende Diskurse und Auseinandersetzungen zu ermöglichen, wie Margarita Köhl ausführt: „Dazu, was Gestaltung ist, gibt es viele Positionen. Umso wichtiger ist es für angehende Gestalter:innen, verschiedene in diesem Feld tätige Menschen kennenzulernen, sich mit diesen auszutauschen. Insbesondere die Studierenden erhalten so die Gelegenheit, sich mit aktuellen Gestaltungsthemen auseinanderzusetzen und in persönlichen Kontakt mit anerkannten Fachleuten zu treten.“
Einen Ausblick finden Sie hier: www.fhv.at/studium/gestaltung/openidea/
 

 

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