Christian Anselmi, Leiter der neuen Forschungsgruppe Smart Engineering Technologies, im Gespräch

 

(Ausgabe 4 / 2023) Seit Mai 2023 bereichert die Forschungsgruppe Smart Engineering Technologies das Forschungsportfolio der FHV. Unser Gespräch findet im zukünftigen Labor für Elektromagnetische Verträglichkeit statt. Die Vorfreude steht dem Leiter der neuen Forschungsgruppe ins Gesicht geschrieben: Eines der ersten Geräte, eine Funkmesszelle, finanziert vom Fachbereich Technik, soll in den nächsten Stunden geliefert werden.

Ein Mann sitzt im Labor | © FHV

Christian, du kommst aus der Hochschullehre, unterrichtest im Fachbereich Technik, und leitest seit Kurzem die Forschungsgruppe SET – Smart Engineering Technologies. Magst du uns erzählen, wie es zu dieser spannenden Konstellation gekommen ist?

Eigentlich komme ich aus der Industrie. Zuletzt habe ich größere Industrieunternehmen zum Thema IoT beraten – und dann entschieden, in die Lehre zu gehen: mit dem Hintergedanken, aus der Mechatronik heraus eine eigene Forschungseinheit zu gründen.

Glücklicherweise sahen es zwei Kollegen ähnlich wie ich: Um als Fachbereich für die Studierenden attraktiv zu sein, muss auch Forschung dabei sein. Offiziell gibt’s die Forschungsgruppe SET seit Mai. Sie ist aus dem Lehrkörper heraus, aus dem Kompetenzfeld Smart Engineering, entstanden.

Ich selber bin Elektroniker und war die treibende Kraft. Da war es naheliegend, dass das erste Forschungsthema ein elektronisches ist: Energieeffizienz in eingebetteten Systemen. Dazu kommt, dass das Rheintal, auch über die Grenze zur Schweiz hin, ein Hochtechnologieland ist – Gsi-Valley – mit den zwei Schwerpunkten Maschinenbau und Elektronik.

Was braucht es, um eine Forschungsgruppe zu gründen?

Ganz einfach, drei Dinge: Ideen, Know-How und Connections.

Die Ideen bringt das Team ein. Das Know-How ist bereits an der FHV vorhanden, das musste nur aktiviert werden. Auch die Connections in die Industrie und Wirtschaft sind gegeben.

Gemeinsam mit dem Forschungszentrum Mikrotechnik und Unternehmen wie beispielsweise der S.I.E. haben wir das COIN-Projekt Deep11 eingereicht und die renomierte FFG-Förderung auch bekommen. Fadi Dohnal, Leiter des FZ Mikrotechnik, hat das Potenzial der Zusammenarbeit mit uns erkannt. Diese Zusammenarbeit hat den Gründungsgedanken sehr beschleunigt: Das Projekt lässt uns größer denken.

Hat sich mit der Leitung der Forschungsgruppe arbeitsmäßig für dich viel verändert?

Administrativ habe ich mehr Aufwand. Und strategisches Denken ist notwendig. Gerade hat ein großes Industrieunternehmen in der Region ein neues EMV-Labor eröffnet, da war ich eingeladen. Hier bahnt sich eine Kooperation an.

Was ist aus deiner Sicht das Besondere an der FHV-Forschung?

Das Besondere ist, dass wir hier mehrere Forschungszentren und Forschungsgruppen haben und interdisziplinär arbeiten können. Das eröffnet einen holistischen Zugang, eine gesamtheitliche Betrachtung. Wir arbeiten jetzt zum Beispiel zusammen mit dem Forschungszentrum Business Informatics und einem Unternehmen an einem neuen FFG-Antrag.

Was ist das Besondere der Forschungsgruppe, was zeichnet sie aus?

Mit dem Thema Embedded Systems machen wir einen Sprung in die Hochtechnologie.

In Deep11 beispielsweise geht es um das Thema Energieeffizienz möglichst kleiner eingebetteter Systeme im Bereich medizintechnischer Geräte. Das Team vom FZ Mikrotechnik baut den Sensor, wir bauen die Intellienz, die Logik drum herum: die elektronischen Schaltungen und die Auswerteeinheit auf Chip-Ebene, in Miniatur. Das ist das Neue. Die Forschung steht da noch ganz am Anfang.  

Zu deinem Team: Wie gestaltet sich die Profilbildung und Profilierung im Team?

Mitte Oktober bekommen wir unseren ersten Dissertanten. Wir bauen zwei bis drei Messplätze auf. Gesucht ist noch ein:e wissenschaftliche/r Mitarbeiter:in im Bereich der Messtechnik. Im kommenden Jahr wollen wir ein weiteres Dissertationsthema ausschreiben.

Wie sieht die Zukunft der Disziplinen aus, die die Forschungsgruppe bündelt? Welche Trends beobachtest du?

SET spezialisiert sich auf Systemarchitektur. Beteiligt sind die Mikroelektronik und Elektronik, auch die Robotik und additive Fertigung. Es geht um Energieeffizenz bei deutlich höherer Rechenleistung. Ich spreche von Deep Edge Computing, wir wollen die Berechnung bereits im Sensor-Chip haben. Das ist wirklich das ganz Neue. Den Trend sehe ich in einer Kombination aus lokalem Deep Edge und Cloud-Berechnungen.

Abschließend, warum begeistern sich junge Wissenschaftler:innen für die Mitarbeit in eurer Forschungsgruppe?

Unsere Fragestellungen müssen weit über dem Durchschnitt sein und einen so großen Neuigkeitsaspekt haben, dass wir junge Leute dafür begeistern können.

 

Zur Person:

Christian Anselmi, 56 Jahre, forschte und lebte lange Zeit in Wien. Er studierte industrielle Elektronik und Regelungstechnik an der TU Wien, anschließend Biomedizinische Physik an der Medizinischen Universität Wien. Seit 2012 ist der gebürtige Dornbirner wieder zurück in Vorarlberg und im Bereich IoT und Elektronik für Unternehmen beratend tätig. Seit 2021 lehrt er an der FHV im Fachbereich Technik die Grundlagen der Elektrotechnik.

Christian ist verheiratet und hat zwei Kinder. In seiner freien Zeit engagiert sich der passionierter Bergsteiger für MINT-Themen in allen Altersklassen.

 

 

Forschungsgruppe SET - Smart Engineering Technologies, FHV

Oktober 2023