JRZ für Materialbearbeitung mit ultrakurz gepulsten Laserquellen  

 

Das Josef-Ressel-Zentrum für Materialbearbeitung mit ultrakurz gepulsten Laserquellen wurde 2018 erfolgreich abgeschlossen und in Folgeprojekte überführt.  

In Josef Ressel Zentren wird anwendungsorientierte Forschung auf hohem Niveau betrieben, hervorragende Forscher:innen kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft international als Best Practice Beispiel. 

Das Josef-Ressel Zentrum für Materialbearbeitung mit ultrakurz gepulsten Laserquellen war eine gemeinsame Initiative mit Spectra-Physics Rankweil. Im Fokus stand die forschungsbezogene Zusammenarbeit.  

Josef Ressel Zentren werden vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert.

Forschungsbereiche 

Geforscht wird an einem grundlegenden Verständnis der Laser-Materie-Wechselwirkung bei ultrakurzen Laserpulsen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Materialien, die mit herkömmlichen Laserquellen schwer zu bearbeiten sind und auf Materialien, die als vielversprechend für die Entwicklung von Mikrosystemen angesehen werden.  

Wichtig ist dabei die Kontrolle und Analyse der Prozessparameter. Das Zentrum verfügt dazu über eine umfangreiche Analytik, von der Probenpräparation bis zur Elektronenmikroskopie.  

Erkenntnisse der Forschungsarbeit werden auf einigen Spezialgebieten angewendet: Bearbeitung von dielektrischen Materialien und polymeren Werkstoffen, sowie selektive Ablation von mikrotechnischen Schichtsystemen.  

Mögliche Anwendungsgebiete für die Forschungsergebnisse gibt es viele: Biochips, Sensoren, Mikrosysteme, Mikrofluidik (Verhalten von Flüssigkeiten und Gasen auf kleinstem Raum).

Oberflächenfunktionalisierung  

Einer der Hauptschwerpunkte der Forschung des Josef Ressel Zentrum lag auf der Oberflächenfunktionalisierung. Unter Funktionalisierung wird hier die Steuerung des Benetzungsverhaltens der Oberfläche mittels Laserstrukturierung verstanden. 

Der Femtosekundenlaser ist ein ideales Werkzeug, um nahezu beliebige Oberflächentopografen durch einen schnellen Direktschreibprozess herzustellen. Darüber hinaus hat der Femtosekundenlaser die Fähigkeit, eine große Vielzahl an Materialien mit hoher Präzision und mit minimaler thermischer Belastung zu strukturieren. Als Ergebnis dieser Arbeiten wurde unter anderem ein Herstellungsprozess entwickelt, um Oberflächen mit hohem Benetzungskontrast zu erzeugen. Dieses Verfahren wurde vom Projektpartner Spectra-Physics patentiert und als ClearSurface vermarktet.  

 

Clear surfaceTM 

Der Herstellungsprozess einer auf Basis von ClearSurfaceTM gefertigten funktionalen Oberfläche erfolgt in drei Schritten. Im ersten wird ein hydrophiles (wasseranziehendes) Substrat, beispielsweise Glas, mit dem Laser strukturiert. Das Ziel liegt in der Herstellung einer sogenannten hierarchischen Oberflächenstruktur, bei welcher sich Geometrien im Mikrometerbereich mit kleineren Strukturen im Nanometerbereich überlagern.

Nach diesem ersten Strukturierungsschritt verhält sich die Oberfläche superhydrophil (stark wasseranziehend). Durch anschließendes Beschichten mit einem teflonartigen Polymer als zweiten Schritt wird dieselbe Oberfläche superhydrophob mit einem Benetzungsverhalten ähnlich der Lotusblüte (Lotuseffekt).

Um Strukturen mit hohem Benetzungskontrast herzustellen, folgt ein abschließender Strukturierungsschritt bei welchem mit dem Femtosekundenlaser die Polymerschicht selektiv wieder abgetragen wird. Durch den direktschreibenden Laserprozess kann dies mit beliebigen Geometrien umgesetzt werden. Die hohen Benetzungskontraste werden in der Abbildung demonstriert. Zu sehen ist das Logo von Spectra-Physics aus Wasser. Das Substrat ist flach, das Wasser wird allein durch die sehr großen Unterschiede in der Benetzbarkeit der Oberfläche regelrecht aufgetürmt.   

 

Bionik

Ein Beispiel dafür, wie ClearSurfaceTM im Bereich der Bionik Anwendung findet, konnte im Rahmen einer Masterarbeit gezeigt werden. In dieser wurde die Oberfläche eines „nebeltrinkenden“ Wüstenkäfers mittels Laserstrukturierung nachempfunden. Winzige Hügel auf den Flügeln dieses Käfers weisen eine glatte, wasseranziehende Oberfläche auf.

Die Täler dazwischen sind dagegen rau und mit einer wachsähnlichen Substanz überzogen, so dass sie Feuchtigkeit abweisen. Sobald die an den Erhebungen hängenden Wassertropfen eine gewisse Größe erreicht haben, lösen sie sich und rollen durch die Rinnen herab zum Maul des Käfers. Dieses Verhalten aus der Natur konnte mit ClearSurfaceTM auf einer Glasoberfläche nachempfunden werden. Messungen zeigen eine deutliche Erhöhung der Wassersammelrate im Vergleich zu einer unbearbeiteten Probe.  

Publikation dazu:

  • E. Kostal, S. Stroj, S. Kasemann, V. Matylitskaya and M. Domke: Fabrication of Biomimetic Fog-Collecting Superhydrophilic-Superhydrophobic Surface Micropatterns Using Femtosecond Lasers, Langmuir 34(9):2933-2941 (2018), doi: 10.1021/acs.langmuir.7b03699. 
foto von clearsurface | © fhv
Demonstration einer mittels ClearSurface(TM) hergestellten Glasoberfläche. Das Logo des Projektpartners Spectra-Physics weist eine superhydrophile Oberfläche auf. Das Wasser konzentriert sich auf dieser Fläche und benetzt die Außenbereiche nicht.

Herstellung von Piezoaktuatoren aus PMN-PT  

Durch seine geringe thermische Belastung bei der Bearbeitung ist der Femtosekundenlaser das ideale Werkzeug zur Bearbeitung von spröden und temperatursensitiven Materialien. Dazu gehört beispielsweise Blei-Magnesium-Niobat-Blei-Titanat (PMN-PT). Dieser piezoelektrische Kristall weist ungewöhnlich hohe dielektrische und piezoelektrische Eigenschaften auf. 

Am Institut für Festkörperphysik an der Universität Linz wurde ein Piezo-Aktuator designt, der es ermöglicht durch Einbringung einer definierten Spannung, die Energie von verschränkten Photonen, die von QDs emittiert werden, abzustimmen, ohne den Verschränkungsgrad der Photonenpaare zu beeinträchtigen.

Dieser auf PMN-PT basierende Aktuator weist eine sternförmige Geometrie auf, die mit herkömmlichem Verfahren nur sehr schwer zu fertigen ist. Aus diesem Grund wurde am Resselzentrum ein fs-Laser- Schneidprozess zur Fertigung des Aktuators entwickelt. Dabei dürfen die piezoelektrischen Eigenschaften des Kristalls nicht beeinträchtigt werden. Des Weiteren müssen bestimmte Anforderungen hinsichtlich Genauigkeit und Kantenqualität erfüllt werden.

Dies verhindert Rissausbreitung bei angelegter Spannung bzw. ermöglicht die Herstellung von Bauteilen mit minimalen Abständen zwischen den Aktuatorarmen.  

Publikation dazu:

  • Martín-Sánchez J., Trotta R., Piredda G., Schimpf C., Trevisi G. and Seravalli L. , Frigeri P. , Stroj S. , Lettner T. , Reindl M. , Wildmann J. S. , Edlinger J. , Rastelli A. “Reversible Control of In-Plane Elastic Stress Tensor in Nanomembranes”, Advanced Optical Materials, Doi: 10.1002/adom.201500779  
  • Trotta R., Martín-Sánchez J., Wildmann J. S., Piredda G., Reindl M., Schimpf C., Zallo E., Stroj S., Edlinger J. and Rastelli A. “Wavelength-tunable sources of entangled photons interfaced with atomic vapours” Nat. Comm. ,15, 10375 (2016). Doi:10.1038/ncomms10375  
  • G. Piredda, S. Stroj, D. Ziss, J. Stangl, R. Trotta, J. Martin-Sanchez, and A. Rastelli „Micromachining of PMN-PT crystals with ultrashort laser pulses” Arxiv:1811.12287 (2018)  
foto von fhv-jr-zentrum-PMN-links | © fhv
Schematische Darstellung des Aktuators. Durch Anlegen einer definierten Verspannung im GaAs-Substrat kann die Energie des verschränkten Photonenpaares, welches durch den Quantenpunkt emittiert wird, verändert werden. 

Vergangene Publikationen