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Digital erlebbare Geschichte(n)

31.03.2023
In Bregenz das römische Theater oder das mächtige Forum Romanum bestaunen und dabei einer historischen Figur zuhören, die von ihrem Leben in der antiken Siedlung erzählt. Oder von zuhause aus zu den prachtvollen Kirchen der Bregenzerwälder Barockbaumeister reisen. Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt, das der Fachbereich Gestaltung der FHV gemeinsam mit dem vorarlberg museum umgesetzt hat, macht das möglich.

Die Barockkirchen und die römischen Bauwerke in Bregenz erscheinen via Handy oder Tablet zum Greifen nah, wobei die immersiven Applikationen gekonnt digitale Medien mit lebhaftem Storytelling verbinden. Die Nutzer:innenforschung zeigt: Geschichte kann mittels Virtual- und Augmented-Reality motivierter und besser verstanden werden. 

Beim Rundgang durch Bregenz erzählt Lucrezia – eine fiktive Bewohnerin von Brigantium – über ihr Leben in der römischen Siedlung. Die Nutzer:innen können bei der Führung längst verschwundene Gebäude als 3D-Objekte im Augmented Reality Raum betrachten und hören von Lucrezia, wozu diese Bauten dienten und was Menschen dort umtrieb. Das Feeling von Brigantium wird spürbar – die Augmented-Reality-Anwendung vertieft durch das Eintauchen in den historischen Raum die Emotion, die mit dem Erleben des Ortes verbunden ist. Im Textteil der Applikation finden sich weitere Informationen: historische Aufnahmen der Ausgrabungsstätten sowie die dort geborgenen Artefakte. 

Die Nutzer:innen orientieren sich anhand einer interaktiven Karte, in der die historischen Stätten verzeichnet sind. Wird ein Ort erreicht, schaltet sich die jeweilige Station frei. Die Inhalte wandern sogleich in den sogenannten „Reisekoffer“ und können fortan überall angesehen werden. Ein römischer Tempel lässt sich so auch mal im Klassenzimmer oder zuhause auf dem Küchentisch platzieren.

Rundang 2 – Die Bregenzerwälder Barockbaumeister

Die Wallfahrtskirche im deutschen Birnau, die Abteikirche von Ebersmünster im Elsass oder die Kirchen der Klöster St. Gallen und Einsiedeln in der Schweiz – die „Auer Zunft“ aus dem Bregenzerwald errichtete im 17. und 18. Jahrhundert 800 Barockbauten im Bodenseeraum. Der Rundgang zu den Bregenzerwälder Barockbaumeistern kann aufgrund der großen Entfernungen ausschließlich im digitalen Raum erlebt werden. Muss aber nicht, denn auch hier verbindet sich die physische mit der digitalen Welt. Sie können mit einer Virtual Reality Brille eine barocke Kathedrale betreten werden und dabei erleben, wie sich die Lichtstimmung im Innenraum von Sonnenaufgang bis zur Nacht verändert. Ein 360-Grad-Video macht’s möglich. 

Forschung und Ergebnisse 

Das Ziel des Projekts „Digital In & Out“ war es, geschichtswissenschaftliche, didaktische und gestalterische Perspektiven zu kombinieren und zu testen, wie hilfreich immersive Medien bei der Geschichtsvermittlung sein können. Dafür wurden die beiden Rundgänge entwickelt und auf der Hosting-App i.appear implementiert. Die Evaluation des Barockbaumeister-Projekts wurde mit Besucher:innen des vorarlberg museums und des Barockbaumeister Museums sowie im Stadtraum durchgeführt. Das Brigantium-Projekt wurde mit zwei Schulklassen des BORG Schoren im vorarlberg museum und im Bregenzer Stadtraum getestet.  
„Unsere Studie zeigt, dass mittels Virtual- und Augmented-Reality aufbereitete Inhalte nicht nur bei Jugendlichen, sondern auch bei älteren Menschen gut ankommen. Es gibt Aspekte – wie die Größe von nicht mehr existierenden Bauten in Relation zu anderen Bauwerken –, die sich mit Hilfe dieser Technologien besser vermitteln lassen“, unterstreicht Margarita Köhl, Leiterin des Fachbereichs Gestaltung an der FHV. Die Testpersonen haben die Augmented Reality Räume und die 360-Grad-Videos besonders hervorgehoben, als „besonders hilfreich“ galt das leitende Narrativ, die Erzählungen von Lucrezia bzw. Franz Beer. 

Ein zentrales Ergebnis der Studie ist: Durch immersive Applikationen nehmen die Lernmotivation und der Lernerfolg zu. Das ergab der Vergleich mit einer Testgruppe, die sich ohne immersive Erlebnisse mit Brigantium bzw. den Barockbaumeistern beschäftigt hat.  

Zukunftsperspektiven

Die erhobenen Daten zeigen, dass sich jüngere und ältere Testpersonen gleichermaßen für multimediale, immersive Erfahrungswelten begeisterten. Besonders für ältere Menschen liegt ein Vorteil auf der Hand: Historische Orte können mittels 360-Grad-Videos besucht werden, die in der Praxis mitunter schwer erreichbar sind. Dafür braucht es aber gewisse Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Medien. Wie die digitale Kompetenz älterer Personen ausgebaut werden könnte, soll ein Folgeprojekt zeigen.

 

Kooperationspartner:innen

  • vorarlberg museum 
  • Fachbereich Gestaltung, Fachhochschule Vorarlberg
  • Barockbaumeister Museum Au 
  • Fachbereich Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaften, Universität Konstanz 

Kontakt: jasmin.nussbaumer@fhv.at oder marilena.tumler@fhv.at 

Das Forschungsprojekt wurde durch das Bundesministerium für Kunst, Kultur, Öffentlichen Dienst und Sport gefördert. Sponsor: Hypo Vorarlberg.